Deine Beziehung zu Besitz
In meiner letzten Podcastfolge hatte ich es angekündigt. Wir schauen uns in den kommenden Wochen verstärkt mal eine Seite von Immobilieninvestments an, die kaum Beachtung findet. Das „Wie“, also die konkrete Umsetzung von Immobiliendeals, ist bei Vielen vom Ablauf her bereits klar. Ich habe allerdings durch so viele Gespräche mit euch immer wieder festgestellt, dass sich die grundlegenden Fragen gar nicht so sehr darauf beziehen, wie man konkret Immobilien findet und kauft. Die Fragen waren sehr viel elementarer Natur. Sollte ich die Essenz auf DIE eine Frage herunterbrechen müssen, so würde sie lauten: Passen Immobilieninvestments in mein Leben? Genau das schauen wir uns in dieser Ausgabe mal etwas genauer an. Vielleicht bist du am Ende wieder einen Schritt weiter in deine Entscheidung pro Immobilie oder sogar pro Immobilienportfolio.
Schauen wir uns also in dieser Ausgabe die psychologische Seite mal etwas genauer an und klären, warum Immobilienbesitz so reizvoll ist.
Also: Warum überhaupt in Immobilien investieren?
Alles, was ich mit Worten beschreiben kann, ist gut und schön. Aber es ersetzt eben nicht eine gewisse Körperlichkeit. Immobilien sind genau das. Ich kann sie anfassen und live bestaunen. Alles was ich anfassen kann und physisch vor mir oder bei mir habe, hat eine größere Bedeutung für mich. Die Grundlage dafür ist der sog. Besitztumseffekt.
„Der Besitztumseffekt, auch bekannt als Endowment-Effekt, beschreibt, wie Menschen den Wert ihres eigenen Besitztums einschätzen. Der Effekt sorgt dafür, dass wir den Wert eines Gutes (beispielsweise einer gekauften Ware) einfach nur dadurch höher einschätzen, weil wir dieses Gut (temporär) besitzen.“ (Quelle: wikipedia)
Genau deshalb ist die Frage, ob Immobilien in dein Leben passen, so grundsätzlicher Natur. Du bist mit der Entscheidung für Immobilien gleichsam für die Langstrecke angetreten, nicht für einen kurzen Sprint. Jeder, der sich die Frage stellt ob Immobilien in sein Leben passen, ist daher auf einem sehr guten Weg. Denn er hat bereits verstanden, wie elementar die Entscheidung für sich selbst und möglicherweise künftige Generationen ist. Im positiven Sinne gehst du damit die Dinge vom Fundament her an.
Was macht den Wert aus?
Alles, was mir selbst gehört, wird immer als wertvoller betrachtet als z.B. ein vergleichbarer Gegenstand, der mir nicht gehört. Den Faktor bewertet die Forschung dabei mit ca. Mal 2. Das ist immer dann besonders interessant, wenn es um Verhandlungen im Verkauf geht. Denn die Preisfindung wird davon maßgeblich beeinflusst. Vielleicht kannst du jetzt etwas besser nachvollziehen, warum es beinahe ausnahmslos so unterschiedliche Wahrnehmungen in Bezug auf die Preisfindung gibt. 🙂 Es kommt aber noch ein wesentlicher Faktor hinzu, der insbesondere für deinen Vermögensaufbau interessant ist: Was dir in Form von Immobilienbesitz gehört, gibst du nicht so einfach wieder aus der Hand, eben weil du diesen Besitz so hoch bewertest. Kannst du nun besser nachvollziehen, warum Immobilien so ein Turbo für deinen Vermögensaufbau und deine Altersvorsorge sind? Dich davon zu trennen, fällt dir deutlich schwerer, als bspw. von Aktienbesitz, dessen Veräußerung nur einen Klick entfernt liegt und dessen Anschaffung häufiger impulsiv abläuft.
Teile, die uns gehören, sind automatisch Bestandteil unseres Selbstkonzepts. Alles, was uns täglich umgibt, gibt uns Sicherheit, das Gefühl, dass ich aufgehoben bin. Die Sachen, die um uns herum sind, haben wir uns ausgesucht; dafür haben wir uns aktiv entschieden. Das gehört zu uns. Gerade bei Immobilien ist der Aufwand besonders groß. Bis so ein Kaufprozess einmal abgeschlossen ist, vergeht eine gewisse Zeit. Das ist ein riesen Aufwand. Und je mehr ich reinstecken musste, je größer der Aufwand war, desto enger wird auch die Bindung zum Gegenstand. Bei einer Immobilie ist sehr viel Engagement meinerseits erforderlich, um sie mein Eigen nennen zu dürfen. Deshalb tragen Immobilien überproportional häufig zum Vermögensaufbau bei. Was ich dort einmal angeschafft habe, bleibt für gewöhnlich.
Besitz führt zur Selbstaufwertung. Nach dem Motto: Wenn ich was habe, dann bin ich wer. Für manche gehört das einfach mit dazu. Das kann u.a. auch Teil der Sozialisierung sein. So stelle ich immer noch fest, dass ein Großteil der Menschen im Osten kein Eigentum hat. Berlin ist auch so ein Paradebeispiel dafür. Mit weniger als 20% Eigentumsquote (Quelle: Statista) fällt es leichter, anderen etwas wegnehmen zu wollen. Wofür man selbst nicht aktiv arbeiten musste, zu dem entsteht eben auch keine Bindung. Aber das ist ein Thema für eine der kommenden Ausgaben. 🙂
Wer mit Eigentum, auch mit vermietetem aufgewachsen ist, für den ist das ganz normal, selbst Immobilien zu besitzen. Im Osten war es wiederum normal, nur 30 Mark für die Miete zu zahlen. Da hat sich niemand wirklich Gedanken um Eigentum gemacht. Das wurde zum großen Teil in Volkseigentum überführt, sprich enteignet, und damit war der Eigentumsbegriff zusätzlich auch negativ besetzt. Das merkt man heute noch bei Aussagen wie: Na der kann ja nur mit unlauteren Mitteln darangekommen sein.” Oder: “Wer etwas hat, muss es ja anderen weggenommen haben.” Die Beziehung zu Immobilien befindet sich im Osten auch mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung immer noch großflächig in einer Findungsphase. Damit entgeht so vielen Ostdeutschen der eigene Weg in Richtung Unabhängigkeit. Aber auch das soll erst in einer der kommenden Ausgaben vertieft werden.
Ich projiziere auch meine Vorstellungen von Besitz auf eine Immobilie. Vermögensaufbau, Altersvorsorge, Prestige usw. sind Vorstellungen, die man an Besitz stellen kann. Und je nachdem, welchen Schwerpunkt ich dabei setze, bewerte ich das natürlich auch anders. Gerade weil der Prozess von der Auswahl über den Ankauf bis hin zur Verwaltung und Instandhaltung so komplex ist und vor allem so langfristig, hat das auch einen großen Einfluss auf das Erleben von Besitz. Deshalb sind auch Trennungsvorgänge von Immobilien zum Teil so langwierig. Die Ratio ist häufig schon längst beim Urteil, dass das Objekt weg kann aber die Emotionen und der ganze Aufwand, werden von unserer Psyche immer noch als so hoch bewertet, dass die Trennung eben schwerfällt. Genauso verhält es sich beim Vermögensaufbau. Ist eine Immobilie für dich z.B. Teil deiner Altersvorsorge und hast du dich selbst aktiv darum gekümmert, gehst du mit dem Objekt anders um, als wenn du sie geerbt hast und dein Wohnort 600km weit entfernt liegt und du deine Zukunft im Ausland planst.
Was macht die besonderen Emotionen bei Immobilien aus?
Aktien in einem Depot sind kaum greifbar. Da kann man kaum etwas hineinprojizieren. Was du mit dem Geld machen kannst, ist für die meisten kaum vorstellbar. Die Rolex, der Porsche oder eine Maledivenreise sind zwar konkrete Projektionen, aber dennoch bleibt das eher in unserer Gedankenwelt abstrakt. Mit der eigenen Immobilie sind Erlebnisse verbunden: Die Party, der Geburtstag, der Bau, die Beziehung usw. Bei Immobilien gibt es diesen emotionalen Bezug eher. Darüber hinaus haben Immobilien auch gesellschaftlich eine enorme Bedeutung: Begrifflichkeiten wie „Betongold“, „da hast du was zum anfassen“, „da steckt Substanz dahinter“, „es ist viel wertbeständiger, als andere Anlageformen“ usw. Du kennst all diese Aussagen.
"Der beste Weg, die Zukunft vorherzusagen, ist es, sie zu erfinden." Alan Kay
Immobilien gehören damit auch zur Identität. Je nachdem, wie ich sozialisiert wurde, können Immobilien demnach eine Last sein und einschränkend wirken, andererseits aber auch Status herstellen und vergrößern. Ich erlebe das beispielsweise immer wieder, dass Menschen beeindruckt davon sind, was mein Partner und ich in vier Jahren aufgebaut haben. Das Selbstkonzept anderer ist häufig, dass das ein beeindruckender Werdegang ist. Also Immobilien stellen damit ein abstraktes Fernziel mit Anforderungsgehalt dar. Zugegeben, ich bin da auch stolz drauf. 🙂
Aber würde man einen Profiinvestor befragen, der Portfolio-Investments realisiert und u.a. ganze Pakete mit 200 und mehr Einheiten in einem Deal kauft, würde dieser zu einer ganz anderen Bewertung meiner Leistung kommen. Es ist also alles eine Frage des Selbstkonzepts, was dich entweder starten lässt oder dich ausbremst.
Ich hoffe diese Ausführungen haben deinen Blick auf Immobilien wieder ein bisschen bereichert. Vor allem wünsche ich mir, dass du für dich selbst die Herausforderung annimmst und eigene Immobilien kaufst oder dein Portfolio weiter ausbaust. Insbesondere der Faktor, dass einmal aufgebautes Immobilienvermögen mit hoher Wahrscheinlichkeit dauerhaft in deinem Besitz verbleibt, macht diese Assetklasse so reizvoll. Einmal auf diese Weise aufgebautes Vermögen arbeitet für dich und, wenn dir Nachhaltigkeit wichtig ist, auch für kommende Generationen deiner Familie. Also wenn das kein Antrieb ist ….. 🙂
Einen guten Start in die Woche,
Dein Ronald